The Cult

Hidden City

Cooking Vinyl
VÖ: 2016

Ein Knochen von einem Album

Es ist gar nicht lange her, da erklärte Ian Astbury noch vollmundig, nie mehr eine LP und bestenfalls nur noch EPs aufnehmen und veröffentlichen zu wollen. Man hätte es wohl geschluckt. Dass aus Hidden City nun doch ein Album mit einem ganzen Dutzend Songs geworden ist, freut umso mehr. Waren The Cult auf dem exquisiten Vorgänger vor vier Jahren sehr darum bemüht, ein möglichst kaltschnäuziges Bild ihres klassischen Hardrock- und Rock’n’Roll-Selbst zu malen, gehen die Engländer auf Hidden City ein gutes Stück filigraner vor.

Der Sturm und Drang und die herausgestellte (Garagenrock-)Härte von Choice Of Weapon ist einer Tiefgründigkeit gewichen, die sich auf Hidden City in den Arrangements, besonders aber in der verwendeten Soundarchitektur bemerkbar macht, in der Billy Duffys Gretsch-Gitarre ungekünstelt rau knarzen, scheppern und im Hall vor sich hin plirren darf. Im rabenschwarzen ›In Blood‹ etwa, in dem man zuweilen sogar das Rauschen des Gitarrenverstärkers hören kann, bevor die Nummer im Refrain in Melodie- und (Gitarren-)Texturen erblüht, die man sich auch von U2 zur Zeit von Pop hätte vorstellen können.

Im schmissigen ›Dance The Night‹ und ›Hinterland‹ tritt diese Parallele sogar noch deutlicher zu Tage. Hidden City mag als regelrechter Rock-Knochen weniger heavy und weniger kompakt erscheinen als der Vorgänger. Ein sehr gutes und urtypisches The Cult-Album ist es aber dennoch — zumal die kauzige Band nicht davor zurückschreckt, endlich auch mal wieder die Zeiten vor Electric (1987) anklingen zu lassen.

(7.5/10)
TEXT: DANIEL BÖHM

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