One Desire

Könige der Nacht

Der moderne Melodic Rock scheint mit wenigen Ausnahmen skandinavisches Stammterrain zu sein. Auch die Finnen von One Desire sind hier zu finden und haben mit Midnight Empire ein stimmiges zweites Album eingespielt.

TEXT: MAXIMILIAN BLOM |FOTO: PR/Frontiers Records

Die kompositorische Hauptarbeit bei One Desire leisten Gitarrist und Produzent Jimmy Westerlund und der singende Gitarrist André Linman. Beide lernten sich während der Entstehung des Debüts von Linmans früherer Band Sturm und Drang kennen, das Westerlund vor 14 Jahren produzierte. Vor allem in ihrer finnischen Heimat konnte diese Gruppe große Erfolge feiern — mit einem Sound, der einer juvenileren Version von One Desire gleichkommt.

»Die DNS ist natürlich dieselbe. Schon damals haben wir beide den Großteil der Studioarbeit übernommen und gemeinsam an den Songs gearbeitet«, erzählt der gut gelaunte Westerlund. »Bei den Arbeiten an der dritten und letzten Sturm und Drang-Platte Graduation Day haben wir uns geschworen, gemeinsam eine Band zu gründen, die nicht unter einem solchen kommerziellen Druck steht. Das war die Grundlage für unsere Zusammenarbeit bei One Desire.«



Trotzdem dauerte es noch fünf Jahre, bis 2017 das selbstbetitelte Debüt der Band erschien. War die damalige Platte noch ein Sammelsurium aus Songs des von Schlagzeuger Ossi Sivula gegründeten Vorgängerprojekts OD und Nummern aus der Feder von Linman und/oder Westerlund, klingt Midnight Empire nun wie aus einem Guss. Nicht umsonst nennt es der auch hier wieder als Produzent tätige Gitarrist ein »gefühltes Konzeptalbum«, wenngleich es keine inhaltliche Klammer gibt.

Auch der Titel bezieht sich eher auf die Entstehungsphase: »Es ist ein bisschen tiefgründiger und düsterer, vielleicht sogar härter ausgefallen als unser Debüt. Der Titel kam uns in den Sinn, weil wir häufig nachts gearbeitet haben. Wir haben uns gefragt, warum wir nicht wie normale Menschen tagsüber arbeiten können«, lacht Westerlund und führt weiter aus: »Daraus haben wir eine Art übergeordnetes Konzept entwickelt: Wir erbauen unser musikalisches Imperium in der Nacht! Als wir diesen Titel festgelegt hatten, fühlten wir uns in kreativer Hinsicht freier. Einen Song wie ›Shadowman‹ mit seinem Fantasy-Text hätten wir vorher wahrscheinlich nicht auf ein Album genommen.«



Dass sich One Desire mit diesem Song überaus wohlfühlen, zeigt dessen Positionierung, denn die Nummer eröffnet das Album und stellt sich keineswegs als Fremdkörper dar. Ein weiteres Novum auf dem Zweitwerk der Finnen ist in ›Through The Fire‹ zu finden: Hier wurde Westerlund ungewollt zum Lead-Sänger befördert.

»Ich sehe mich selbst nicht als großen Vokalisten, aber in meiner Arbeit als Produzent singe ich häufig Demos ein. Die Jungs und auch unsere Familien mochten das Demo mit meiner Stimme. André ist ein hervorragender Sänger, aber manchmal muss man auch etwas Abwechslung reinbringen. Selbst Queen haben Brian May oder Roger Taylor singen lassen, obwohl sie Freddie Mercury hatten!«


Dieser Text stammt aus ►ROCKS Nr. 76 (03/2020).

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