Kansas

The Absence Of Presence

InsideOut
VÖ: 2000

Würdiges Spätwerk aus dem Ballsaal

Der Abgang von Gitarrist und Keyboarder Kerry Livgren und Original-Sänger Steve Walsh war ein herber Verlust; lange war nur schwer vorstellbar, dass die amerikanischen Progressive-Rock-Pioniere nochmal in der Lage sein würden, ihren Sound wieder aufleben zu lassen, den sie spätestens 1976 mit Leftoverture so kunstfertig auf Platte brachten. Und doch ist dem Septett genau dies vor drei Jahren mit ihrem neuen Sänger Ronnie Platt gelungen — wobei The Prelude Implicit in seinem überrollenden Melodie-Bombast auch seine Berührungspunkte mit der kurzen Frühachtziger-Inkarnation von Kansas mit Interimssänger John Elefante hatte und auch mit Seventh Key, jener wunderbaren Pomp-Hardrock-Combo, die Bassist Billy Greer nebenher gemeinsam mit Gitarrist Mike Slammer betreibt.

Auch dieses zweite Album der neuen Kansas-Zeitrechnung beginnt überaus erfreulich und hat alles, was die ehrwürdige Truppe schon in ihrer Frühphase ausgemacht hat. Vor allem ist The Absence Of Presence aber eines: funkelnder Progressive Rock. Der Titelsong bricht mit dem gewohnten Pomp herein, das knapp siebenminütige ›Throwing Mountains‹ lehnt sich in einem kurzen akustischen Intermezzo sogar an ihren Frühklassiker ›Cheyenne Anthem‹ an. Es gibt Hardrock mit wonnigen Gesangsarrangements, feierlichen Pathos, Geigenspiel und verspielte Prog-Elemente. Was fehlt, ist einzig der mystische Tiefgang der Livgren-Ära. Dem neuen Mann am Mikro ist dagegen hoch anzurechnen, dass er seine tadellose Performance immer in den Dienst der Songs stellt und gerade so viel eigenen Charakter einfließen lässt, um durchblicken zu lassen, dass ihm die Fußstapfen seines Vorgängers nicht zu groß sind. In der Ballade ›Memories Down The Line‹ beweist er endgültig, dass er der Richtige für diesen Posten ist.

(8/10)
TEXT: MARKUS BARO

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