Henrik Freischlader

Recorded By Martin Meinschäfer II

Cable Car
VÖ: 2022

Wunderschöne Purzelbäume

So sehr man sich auch wünschte, Henrik Freischlader würde im Studio mal wieder länger mit ein und derselben Band zusammenarbeiten: Seine Musik haben die beständigen Wechsel immer wachgehalten — und in der Folge sehr unterschiedliche Karrierehighlights wie House In The Woods (2012), Missing Pieces (2020), Hands On The Puzzle oder das live im Oktett entstandene WHO 33 (beide 2018) erst ermöglicht. Im Gegensatz zu seinen drei vorangegangenen Platten, die allesamt in vergleichsweise großen Ensembles Form annahmen, ist diese neue im kleinstmöglichen Band-Setup entstanden.

Ganz neu ist das nicht, wie Titel und Artwork von Recorded By Martin Meinschäfer II andeuten: Schon auf Still Frame Replay (2011) hatte der leidenschaftliche Bluesrock-Gitarrist die meisten und auf dem Vorgänger Recorded By Martin Meinschäfer (2009) im Selbstexperiment sogar alle Instrumente selbst eingespielt — heuer ließ er sich lediglich von seinem langjährigen Freund und Hammondorgel-Nerd Moritz Fuhrhop aushelfen. Das Resultat ist von einer ausdrucksvollen und emotionalen Dichte, die auch gestandene Studiobands kaum besser hätten einfangen können.

Recorded By Martin Meinschäfer II hat Seele und ist schlicht brillant produziert. Das Schlagzeug swingt unaufgeregt, der gehaltvolle Bass trippelt verwegen; Fuhrhop erweist sich in den tollen Songs einmal mehr als brillanter Dompteur der B3, die ein lebendiges und stimmiges Freischlader-Album ergeben, auf dem Gov’t Mule (›Aware Of Things‹ — die Gitarrenfiguren im Refrain sind von jazzigen Bläserstimmen inspiriert), Umphrey’s McGee (›Hall Of Shame‹), Ritchie Kotzen (›Old Life Back‹), Gary Moore (›The Question‹) bis hin zu John Mayer Spuren hinterlassen haben. Und Freischladers geschmackvolle Gitarrenarbeit schlägt in Spiel und Gourmet-Ton ein ums andere Mal die schönsten Purzelbäume.

 

(8.5/10)
TEXT: DANIEL BÖHM

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