Eric Clapton

Old Sock

Polydor
VÖ: 2013

Auslegungssache

»Ich versuche stets aufs Neue, eigene Lieder zu schreiben. Aber ich bin nicht gut darin«, gibt sich Eric Clapton heute selbstkritisch und verteidigt das Gestaltungsmittel der Interpretation, das besonders im Blues (wie auch im Jazz) eine lange Tradition hat.

»Es macht mir längst nicht so viel Spaß, als wenn ich Songs anderer Leute aufgreife und interpretiere.« Warum auch nicht? Eric Clapton ist im Alter ein echter Genussmensch geworden, der sich von nichts und niemandem aus der Ruhe bringen lässt. Auf seinem letzten Studioalbum hatte sich der Gitarrist 2010 allerhand Stücke zur stilvollen Bearbeitung ausgesucht, die ihn in seiner Jugend faszinierten — mit dem Ergebnis, dass das urgemütliche Clapton vielen Hörern einen Tacken zu alt tönte.

Old Sock geht ähnlich vor und präsentiert sich als Sammelsurium alter Folk-, Blues-, Country- und Reggae-Beiträge (in seinem ›Further Down The Road‹ spielt Taj Mahals gleich selbst mit), greift in der Zeit aber nicht durchgängig so weit zurück. ›Our Love Is Here To Stay‹ als Klassiker des Great American Songbook und Lead Bellys Country-Blues ›Goodnight Irene‹ stehen dem LP-Vorgänger ähnlich nahe wie auch ›All Of Me‹ — in der von Billie Holiday bekannt gemachten Jazz-Nummer der 1930er Jahre ist Paul McCartney als Gast zu hören.

Im Wesen aber bleibt Old Sock der Umsetzung sämtlicher von Clapton seit 2000 produzierten Platten dicht auf den Fersen. Mit dem gravierenden Unterschied, dass trotz der großen Musikvielfalt hier keine störenden Patzer zu überstehen sind. Gelungen ist überdies Claptons Interpretation von ›Still Got The Blues‹ (mit Steve Winwood), die den Klassiker von Gary Moore endlich wieder anhörbar macht. Zwei neue Songs gibt’s obendrauf.

(7.5/10)
TEXT: DANIEL BÖHM

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