AC/DC

Rock Or Bust

Columbia
VÖ: 2014

Hart im Nehmen

Harte Zeiten liegen hinter AC/DC — und auch der Blick in die Zukunft dürfte nicht wirklich für Entspannung sorgen bei der Band, die vor einundvierzig Jahren auszog, um zu dem wohl größten Heavy-Rock-Phänomen der Geschichte zu werden. Es wäre zu einfach zu behaupten, AC/DC wären Krisen und menschliche Verluste ja gewohnt und stets gestärkt und erhobenen Hauptes aus ihnen hervorgegangen. Eine Leitfigur und einen Impulsgeber wie den an Demenz erkrankten Rhythmus-Gitarristen Malcolm Young lässt sich nicht ersetzen — auch nicht von einem sich redlich mühenden Neffen mit ähnlichem Stil.

Und doch scheint etwas dran zu sein an dieser These, denn musikalisch ist merklich ein Ruck durch die Band gegangen, die ihre Riff-Rock-Wurzeln in Australien hat: Rock Or Bust klingt, als wären sich die verbliebenen Musiker ihrer Aufgabe und ihrer Verantwortung so bewusst gewesen wie schon lange nicht mehr. Einfach nur ein neues Boogie-Album für sich selbst zurechtzuzimmern, wäre für alle das falsche Signal gewesen — zumal sie genau das nach dem unterschätzten Ballbreaker (1995) in schöner Regelmäßigkeit getan haben.

Wie ihre fünfzehnte Studioplatte letztlich entstanden ist, ist völlig egal: Verblüffend hart ist Rock Or Bust geworden, ein extrovertierteres und stärker auf Refrain-Chöre ausgerichtetes Album hat es von AC/DC seit The Razor’s Edge nicht gegeben. ›Rock Or Bust‹ (famos) und ›Play Ball‹ (plump) hatten dies im Vorfeld bereits angedeutet, das Album selbst hat allerdings einiges mehr zu bieten als die Single-Appetithappen. ›Rock The Blues Away‹ ist so etwas die Weiterführung von ›Anything Goes‹ auf Black Ice, ziemlich schwierig und im Grunde eine waschechte Jimmy Barnes-Nummer.

Weitaus besser ist ›Miss Adventure‹, das mit latentem Aerosmith-Groove daher federt und erst spät in einem tollen Refrain gipfelt; ›Dogs Of War‹ unterstreicht das wiederentdeckte Bewusstsein für Hooks mit coolen Chören. ›Hard Times‹ tut es ihnen gleich — ›Baptism Of Fire‹, ›Rock The House‹ und ›Sweet Candy‹ kommen mit hartem, schleppendem Beat durch die Hintertür. Verwegen-raffinierte Malcolm-Kniffe wie zuletzt in ›Decibel‹, ›Smash’N Grab‹ oder ›Spoilin’ For A Fight‹ sucht man zwar vergeblich. Doch das macht nichts: Rock Or Bust hat seine eigenen Qualitäten.

(7.5/10)
TEXT: DANIEL BÖHM

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