Während D-A-D hierzulande immerhin Clubs der größeren Kategorie füllen, gehören sie in ihrem Heimatland Dänemark zu den beliebtesten Rock-Acts und Nationalheiligtümern überhaupt, dem sogar das ehrwürdige Landesmuseum in Kopenhagen anlässlich des 40-jährigen Bandjubiläums in diesem Jahr eine eigene Ausstellung widmete. In die Hauptstadt (zugleich ihre Heimatstadt) hatten D-A-D am ersten Novembertag zum offiziellen Geburtstagskonzert eingeladen. In der rund 16.000 Zuschauer fassenden Royal Arena herrscht erwartungsfrohe Atmosphäre. Schließlich sind die ebenso humorvollen wie melancholischen Hardrocker für ausgefallene Show-Ideen bekannt.
Die Stimmung ist von Anfang an auf dem Siedepunkt: Frontmann Jesper Binzer, sein Bruder und Gitarrist Jacob Binzer, Zwei-Saiten-Bassist Stig Pedersen und Drummer Laust Sonne sprinten über einen Laufsteg zu einer kleinen Bühne mitten im Zuschauerraum und lassen es dort mit dem Doppelschlag ›Jihad‹ und ›Evil Twin‹ gleich mächtig krachen. Danach geht’s auf der geräumigen Hauptbühne weiter, auf der das Quartett ein opulentes Licht-, Video- und Soundspektakel zelebriert, bei dem keine Sekunde Langeweile aufkommt. Selbstbewusst bringen D-A-D zum Ausdruck, dass sie keineswegs ein Nostalgie-Act sind. Neben Hits wie ›Grow Or Pay‹, ›Soft Dogs‹, ›Reconstrucdead‹ oder ›Everything Glows‹ haben sie auch stattliche fünf Songs von ihrem aktuellen Longplayer Speed Of Darkness im Programm.
Da zu einer ordentlichen Geburtstagsfeier auch Überraschungen gehören, fahren im Laufe des Abends regelmäßig illustre Gäste aus dem Bühnenboden empor, um das Quartett zu unterstützen. Dazu zählt die in Dänemark sehr erfolgreiche Popsängerin Jada, die sich zusammen mit Jesper Binzer der Everything Glows-Ballade ›Something Good‹ widmet. Zum Bluesrock-Gassenhauer ›I Won’t Cut My Hair‹ gesellt sich Rikke Emilie List von den Death-Doom-Metallerinnen Konvent zur Party, um die zweite Strophe in tiefsten Lagen durchzugrunzen — was in dieser Kombination ebenso faszinierend wie augenzwinkernd komisch wirkt.
Emotional wird es zum Finale des Hauptsets, als Original-Drummer Peter Lundholm Jensen 25 Jahre nach seinem Ausstieg erstmals wieder mit den Binzers und Pedersen zusammenspielt. Beim Punk-beeinflussten ›Isn’t That Wild‹ bearbeitet er die Felle derart engagiert und souverän, als hätte es die lange Pause nie gegeben. Die folgenden ›Marlboro Man‹ und ›Bad Craziness‹ liefert ein in dieser Form wohl einmaliges D-A-D-Quintett ab, denn auch Jensens Nachfolger Laust Sonne ist nun wieder mit dabei. Da dies aber nun mal kein übliches Konzert ist, kommt er nicht einfach nur auf die Bühne, sondern wird mitsamt Drumkit auf einer Plattform von der Hallendecke herabgelassen.
Dass auch dieses Highlight noch zu toppen ist, beweisen D-A-D im Zugabenteil mit ihrem Mega-Hit ›Sleeping My Day Away‹ und dem Akustikgitarren-Klassiker ›Laugh ’n’ A 1/2‹, den die Binzer-Brüder vom Mischpult aus performen, nachdem sie zuvor durch den gesamten Innenraum gewandert sind. Gänsehautatmosphäre herrscht in der prall gefüllten Arena, in der nahezu alle Anwesenden diesen Song wie auch den folgenden Rausschmeißer ›It’s After Dark‹ inbrünstig mitsingen. Mit dezentem Pyro-Einsatz geht die große Jubiläumsshow nach fast zweieinhalb Stunden zu Ende: Disneyland is closed — und auf dem Weg nach draußen sieht man ausschließlich überglückliche Gesichter. Ein in vielerlei Hinsicht denkwürdiger Abend.
Die Setliste von D-A-D in der Royal Arena, Kopenhagen:
Jihad
Evil Twin
1st, 2nd & 3rd
Rim Of Hell
Point Of View
The Ghost
Soft Dogs
Grow Or Pay
Something Good (Gast: Jada)
Jonnie
Call Of The Wild
Riding With Sue
Speed Of Darkness
Keep That Mother Down
I Won’t Cut My Hair (Gast: Rikke Emilie List)
Reconstrucdead
Everything Glows
Monster Philosophy
Isn’t That Wild (Gast: Peter Lundholm Jensen)
Marlboro Man (Gast: Peter Lundholm Jensen)
Bad Craziness (Gast: Peter Lundholm Jensen)
***
God Prays To Man
Sleeping My Day Away
***
Laugh ’n’ A 1/2
It’s After Dark
Dieser Text stammt aus ► ROCKS Nr. 105 (02/2025).