Voodoo Circle

Whisky Fingers

AFM
VÖ: 2015

Der Kurator des echten Hardrock

Wenn es einen Nobelpreis für die Bewahrung, die geschmackssichere Aufbereitung und die  Fortführung des klassischen Hardrock gäbe: Alex Beyrodt wäre ein aussichtsreicher Aspirant. Zum vierten Mal setzt der Gitarrist mit seinen Mitstreitern seine Vision davon um, wie jene geschichtsträchtige Musik heutzutage idealerweise klingen sollte. Immer wieder glaubt der erstaunte Hörer, die musikalischen Ahnen müssten telepathisch am Songwriting beteiligt gewesen sein.

Ein kleiner aber feiner Unterschied: Sämtliche Vorbilder werden durch das detailverliebte Schaffen dieser auf allen Positionen erstklassig besetzten Band geehrt, nicht etwa plump kopiert. Voodoo Circle sind von Album zu Album gewachsen und haben sich in Nuancen verändert: War die erste Veröffentlichung 2008 noch geprägt von wilder Saitenhexerei im Schatten von Yngwie Malmsteen, so nahm sich die Band auf Broken Heart Syndrome (2011) mit großer Leidenschaft dem Schaffen von Rainbow und Whitesnake an. Auf More Than One Way Home zwei Jahre später bleiben schließlich vor allem die gestapelten Riffgebirge in Erinnerung, die auch John Sykes auf einer Platte wie 1987 zur Ehre gereicht hätten. Whisky Fingers vereint nun die Tugenden der letzten beiden Alben und wagt zudem ein paar Blicke über den Tellerrand.

Eine Perle wie das sechseinhalb Minuten lange ›Watch And Wait‹ borgt sich den Groove der Strophe bei Billy Cobhams ›Stratus‹, die Schlussnummer ›Been Said And Done‹ meistert den Spagat zwischen introvertiert und extrovertiert in viereinhalb Minuten: Tiefe, Andacht, Aufbrausen, Innehalten, Loslassen — alles drin, Ritchie Blackmore inklusive. Selbst die weniger aufregenden Standard-Rocker bekommen durch David Readmans süffige Turbo-Blues-Stimme eine edle Anmutung, die in dieser Band immer noch zu wachsen scheint. Man nimmt ihm einfach alles ab. Er mag noch so leidend in Gedenken an David Coderdale „Baby, Baby“ ächzen: lächerlich wird es nie. Genauso wie ›The Day The Walls Came Down‹ — eine Breitwandkino-Ballade, die Jon Bon Jovi in den Achtzigern nicht besser hinbekommen hätte.

(8.5/10)

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