Als ›All The Young Dudes‹ im Mai 1972 erschien, waren die Underdog-Tage von Mott The Hoople ein für alle Mal vorüber: Das ihnen von David Bowie überlassene Lied wurde ein kolossaler Hit — und die im September nachgereichte, gleichnamige LP ihre mit Abstand erfolgreichste. Dabei hatte sich die Band von Ian Hunter zu diesem Zeitpunkt eigentlich so gut wie aufgelöst.
Auch ihre Platten vor der durchschlagend-karriereverändernden Bowie-Schenkung viel zu bieten. Ein Jahr zuvor etwa erschien mit Brain Capers die wütendste, die leidenschaftlichste und für viele auch die beste aller LPs von Mott The Hoople, auf der hart aus allen Rohren gefeuert wird.
Die Hammond-Orgel von Verden Allen brüllt, sägt und jault längst nicht nur in ›Death May Be Your Santa Claus‹ oder der beißend-aggressiven Abfahrt ›The Moon Upstairs‹ — es brennt lichterloh. Der ziemlich durchgeknallte Produzent Guy Stevens hat einigen Anteil daran: Er verwüstet das Studio, provoziert, füllt die Band mit Wein ab und besteht darauf, dass die Grundtakes seiner Aufnahmen live entstehen.
Zusammen mit Ian Hunters rotzigem, betont arrogantem Gesangsvortrag und dem zupackendem Gitarrenspiel von Mick Ralphs wird Brain Capers so zur Inspiration für viele Punks. Mittendrin thront das achtminütige ›The Journey‹: zu Beginn eine dramatisch inszenierte Klavier-Ballade, schaukelt die sich hoch zu einem wahren Monument voll klagendem Weltschmerz. Sagenhaft.