Lange galt ›A Whiter Shade Of Pale‹ als das meistgespielte Stück im britischen Radio: Das majestätische Miteinander von Steinway-Konzertflügel und Hammondorgel, die bluesbefeuerte Leadgitarre, eine wuchtige Rhythmusgruppe und der soul-getränkte Gesang von Gary Brooker ergab 1967 einen schwermütigen Sound, der mit progressivem Rock genauso spielte wie mit Elementen der Klassik.
Der am 29. Mai 1945 im Londoner Vorort Hackney geborene Sänger und Pianist wuchs in einer musikbegeisterten Familie auf. Bereits als Jugendlicher stand er gemeinsam mit seinem Vater auf der Bühne; als Teenager gründete er die Rhythm’n’Blues-Truppe The Paramounts, die von Beatles-Produzent George Martin unter Vertrag genommen wurde. Nach Tourneen mit den Rolling Stones und den Beatles löst Brooker die Band trotz einiger Hits auf, um mit dem arbeitslosen Texter Keith Reid Lieder für Künstler wie Dusty Springfield und die Beach Boys zu verfassen. Doch die bekundeten wenig Interesse: Die beiden Songschreiber beschlossen, selbst wieder als Musiker aktiv zu werden.
Im April 1967 gründeten sie gemeinsam mit Organist Matthew Fisher, Gitarrist Ray Royer und David Knights am Bass die Band Procol Harum: Benannt haben sie sich nach der Katze ihres Entdeckers Guy Stevens. Auch wenn diese Besetzung bereits wenige Monate später wieder auseinanderbrach, spielte sie – verstärkt um Session-Schlagzeuger Bill Eyden – eine Single ein, die gleich zum Welterfolg wurde: Das auf dem Satz ›Air‹ aus der 3. Orchestersuite von Johann Sebastian Bach basierende ›A Whiter Shade Of Pale‹ gilt mit seiner tonangebenden Hammond-Orgel als einer der prägenden Vorreiter des Progressive Rock.
Für ihr selbstbetiteltes Debütalbum, dass im Dezember des gleichen Jahres erschien und nur in der US-Version die überraschend erfolgreiche Single enthielt, traten in Gitarrist Robin Trower und Schlagzeuger B.J. Wilson zwei vormalige Paramounts-Musiker der Band bei. Als Fisher und Knights die Band 1969 verließen und Chris Copping statt ihrer beide Positionen besetzte, spielten für die beiden Alben Home (1970) und Broken Barricades (1971) sogar vier der fünf ehemaligen Paramounts-Musiker in der Band.
Zwischen 1967 und 1977 veröffentlichten Procol Harum zehn Meilensteine des Symphonic-Rock, darunter A Salty Dog (1969), Home (1970) die Rock- und Klassik-Fusion Live In Concert With The Edmonton Symphony Orchestra (1972) und das bittersüße Opus Grand Hotel (1973), ehe sich die Band 1977 auflöste.
Fortan war Gary Brooker als Solomusiker unterwegs und veröffentlichte die drei Studioalben No More Fear Of Flying (1979), Lead Me To The Water (1982) mit Gastauftritten von Phil Collins und George Harrison sowie Echoes In The Night (1985). Letzteres schmückt Eric Clapton mit einem Beitrag, in dessen Liveband Brooker in den frühen Achtziger-Jahren spielte. 1986 war er außerdem als Sänger von ›Limelight‹ auf der Alan Parsons Project-Platte Stereotomy zu hören.
1991 fanden sich Procol Harum in nahezu der Besetzung des Debüt-Albums wieder zusammen. Nur Bassist Dave Knights und der im Jahr zuvor verstorbene Taktgeber B.J. Wilson waren nicht auf The Prodigal Stanger zu hören. Brooker führte die Band bis zuletzt in wechselnder Besetzung; Im Jahr 2017 erschien ihr letztes Album Novum, gleichzeitig die einzige Platte der Band ohne Zutun von Texter Reid.
Daneben war Brooker zeitweise Teil von Bill Wyman's Rhythm Kings und Ringo Starrs All Starr Band. Im Jahr 2003 wurde er für seine karitativen Verdienste zum Mitglied im Order Of The British Empire ernannt. Gary Brooker starb am 19. Februar an den Folgen einer Krebserkrankung. Er hinterlässt seine Frau Françoise Riedo, mit der er seit 1968 verheiratet war.