Great White

Fliegende Fische

Dass die Musik von Great White immer schon eine wenigstens latente Verbindung zu Led Zeppelin hatte, ist vielfach belegt. Im Dezember 1996 entschlossen sich Kalifornier dazu, zwei volle Konzertabende den britischen Bleizeppelin zu interpretieren.

TEXT: DANIEL BÖHM

Ihr mit viel Blues angereicherte Hardrock gehört zum Besten, was die Musikszene von Los Angeles in den Achtzigern hervorbrachte. Von Anfang an streuten Great White regelmäßig Stücke von Led Zeppelin in ihre Setlist ein. Auf dem exquisiten Live-Album Great Zeppelin — A Tribute To Led Zeppelin interpretiert die Band mit Liebe und Leidenschaft durchgehend Klassiker von Robert Plant & Co.

»Unsere Fans wollten immer, dass wir so was mal machen«, meint Sänger Jack Russell, der Led Zeppelin im Alter von elf Jahren für sich entdeckte. »Wir haben haufenweise Briefe mit diesem Wunsch bekommen und uns die Sache durch den Kopf gehen lassen und sind zu dem Schluss gekommen, dass es womöglich wirklich Spaß machen könnte. Led Zeppelin waren für alle in der Band ein ziemlich großer Einfluss. Dazu kommt, dass Robert Plants Gesang und meine Stimme sich in vielerlei Hinsicht ähneln. Generell wollten wir den Originalen so nahe wie möglich kommen.«



Ende 1996 dann spielen Great White in einem Club nahe Los Angeles an zwei Konzertabenden ein Programm, das sich ausschließlich aus Songs des Bleizeppelins zusammensetzt. Ein gutes Dutzend Klassiker fernab der Standards geben sie im Dezember zum Besten, die sie mit einer bemerkenswerten Hingabe und spürbaren Liebe zu den Originalen zu eigenem Repertoire formen.

1999 erblicken die Aufnahmen unter dem Titel Great Zeppelin das Licht der Welt. Den Ruf als hervorragende Zeppelin-Interpreten haben sich die Musiker schon früher erworben: Ihre Version von ›Since I’ve Been Loving You‹ sorgte 1988 bei einer Show im New Yorker Hotel Ritz ebenso für Begeisterung wie zwei Jahre später ›Babe I’m Gonna Leave You‹ im Rahmen der Akustik-Reihe MTV Unplugged.



Ein Auftritt, der auch Gitarrist Mark Kendall noch lebhaft vor Augen steht: »Am Vorabend der Aufzeichnung rief mich Alan Niven an und meinte, wir sollten unbedingt ›Babe I’m Gonna Leave You‹ einstudieren. Ich dachte, der will mich wohl verarschen — schließlich ist die Nummer verdammt kompliziert!«, lacht er. »Am nächsten Tag haben wir das Ding in der Garderobe geprobt und es nochmal beim Soundcheck durchgespielt. MTV hat unsere Fassung von ›Babe I’m Gonna Leave You‹ immer wieder als Video gesendet, sodass uns ständig Fans auf der ganzen Welt bekniet haben, Songs von Led Zeppelin zu bringen



Während es Mötley Crüe oder Ratt in Windeseile zu Starruhm brachten und die Hair-Metal-Welle der Achtziger einläuteten, ging es für Great White weniger schnell. Das selbstbetitelte Debüt von 1984 und der Nachfolger Shot In The Dark (1986) waren nur bedingt erfolgreich, weckten aber das Interesse des Majorlabels Capitol Records. Der Durchbruch folgte 1987 mit Drittwerk Once Bitten…, das in ›Rock Me‹ und ›Save Your Love‹ zwei Hits abwarf. Der Nachfolger …Twice Shy baute 1989 ihren Status noch aus. Er enthielt ihren bis heute größten Hit, ein Cover von Ian Hunters ›Once Bitten, Twice Shy‹, und fuhr zügig Doppelplatin in den Staaten ein für zwei Millionen verkaufte Platten.

Blues-Einflüsse traten erst auf Hooked (1991) deutlich zutage. Es war das erste Album, auf dem Great White im Vergleich zu den 80er-typischen LPs einen sehr organischen, weitgehend zeitlosen Klang erschufen, dem die Band bis heute treu geblieben ist. Ein ganz anderes Kaliber war das oft übersehene Werk Psycho City (1992), das neben Once Bitten… den musikalischen Höhepunkt ihrer Karriere darstellt.


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