The Answer

New Horizon

Napalm
VÖ: 2013

Prägender Dreck in den Rillen

2005 war ihr Debütalbum noch nicht einmal aufgenommen, da zog speziell die britische Musikpresse schon alle Register der Legendenbildung und feierte das junge Quartett aus Nordirland als die Reinkarnation von Free — wenn nicht sogar von Led Zeppelin. Dazu mag man stehen wie man möchte: Dass The Answer an vorderster Front maßgeblich zum Revival des bluesaffinen Classic-Rock der letzten Jahre beigetragen haben, wird niemand ernsthaft bestreiten.

Dem schmackhaften Rise (2006) ließen sie drei Jahre später Everyday Demons folgen: eine vorzügliche, hochenergetische Platte, für die The Answer ihrer Musik wertvolle Zwischentöne spendierten und Reminiszenzen an Free, Led Zep, Badlands und Rory Gallagher so fest zusammenschweißten, dass im Funkenflug ein ganz eigenes Profil daraus entstand. Und dann? Die Konzertreise mit AC/DC durch die Stadien und Arenen dieser Welt schien im Nachgang das Gefühl der Verpflichtung zu schüren, sich jenen Örtlichkeiten ein Stück anpassen zu müssen: Songs und Produktion von Revival gerieten 2011 auffällig opulent und ausgetüftelt bis ins Kleinstdetail. Ein sehr gutes Album zweifellos, andererseits aber auch weit entfernt von dem harschen, unter gefährlichem Überdruck entstandenen Roadmovie des Vorgängers.

New Horizon korrigiert dies und bringt das gewachsene Songschreibertalent der Combo mit dem vergleichsweise schlichten Sound-Ansatz von Everyday Demons zusammen — und damit das lodernde Rock’n’Roll-Feuer zurück, das zuletzt ein bisschen ausgetrampelt wirkte. Kein geleckter Tonspuren-Overkill, keine übertriebenen Chöre und schon gar keine Gastsängerinnen mehr: Es geht halt auch mit Bluesrock-Dreck und Live-Charakter in den Rillen. Dass bei The Answer trotz der ausgeprägten Siebziger-Verbundenheit rein gar nichts nach bemühtem Retrotheater tönt, macht glänzende Stücke wie ›New Horizon‹ oder ›Spectacular‹ nur noch aufregender. Oder auch ›Leave With Nothin’‹, das feist tänzelnd in einem famosen Groove-Gewitter explodiert, dessen Riff einiges an Audioslave und Tom Morello (›Concrete‹) in sich trägt.

(9/10)
TEXT: DANIEL BÖHM

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