Robin McAuley

Standing On The Edge

Frontiers
VÖ: 2021

Melodiesatt strahlende Stimme

Bei allem Respekt vor Michael Schenker und seinen Platten jüngeren Datums, an denen zumindest punktuell auch Robin McAuley mitwirkte: Erst auf dem Debüt von Black Swan (2020) zeigte sich der Sänger wieder in der blendenden Hardrock-Verfassung, in der man ihn bis in die frühen Neunziger hinein bei der McAuley Schenker Group erleben durfte. Die Qualität und auch den Härtegrad von Shake The World erreicht sein neues Solo-Album zwar nicht. Seine Vorzüge hat es aber — zumal McAuleys Stimme auf Standing On The Edge in einem ungleich melodiebetonteren Umfeld strahlen darf.

Geschrieben hat er es größtenteils mit Alessandro Del Vecchio (›Do You Remember‹ ist eine von zwei Nummern, die mit Tommy Denander entstanden, die drei Dekaden früher auch in der McAuley Schenker Group hätten Verwendung finden können) und von der Hausband seiner Plattenfirma die Musik einspielen lassen. Was auf dem Papier beliebiger klingt als auf Platte. Das gitarrenwuchtige ›Thy Will Be Done‹ mit seinen kontrastierenden Plunker-Keyboards hätte man sich zwar auch auf einem der letzten beiden Sunstorm-Alben vorstellen können, und im Titelstück lässt Andrea Seveso in seiner Gitarrenarbeit mindestens zwei Dokken-Lieder anklingen — keine dieser im Härtegrad herausstechenden Nummern entgleiten McAuley, der sie mit seiner lebendigen und markanten Stimme ausfüllt und mit urtypischen Melodielinien zu seinen eigenen macht.

›Last December‹ ist ein wonniger Vorzeige-Melodic-Rocker und ›Wanna Take A Ride‹ nichts anderes als eine schwebend-schwelgerischer AOR-Kapriziose von selten schöner Güte. ›Like A Ghost‹ entstand mit Orgelspieler Phil Lanzon (Uriah Heep) und ›Supposed To Do Now‹ mit Gitarrist Howard Leese (Heart, Bad Company), deren Beiträge zwar nicht deplatziert wirken, einem wirklich runden Bild von Standing On The Edge aber entgegenwirken.

(8/10)
TEXT: DANIEL BÖHM

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