Nazareth

Manny Charlton (1941-2022)

Manny Charlton ist tot. Der langjährige Gitarrist und Produzent der schottischen Hardrocker Nazareth starb rund drei Wochen vor seinem 81. Geburtstag in Texas.

Geboren wurde er allerdings nicht im nasskalten Norden, sondern im sonnigen Süden: Am 25. Juli 1941 kam Manuel Charlton in La Línea de la Concepción an der Südspitze Spaniens zur Welt. Als er zwei Jahre alt ist, siedelte seine Familie ins schottische Dunfermline über, wo er auch seine ersten musikalischen Schritte in lokalen Bands sammelte.

1968 stieß er zur Coverband The Shadettes und vervollständigte jene Besetzung, die sich Ende 1970, inspiriert von einer Liedzeile des The Band-Songs ›The Weight‹, in Nazareth umbenannte: Neben Charlton gehörten Sänger Dan McCafferty, Bassist Peter Agnew und Schlagzeuger Darrell Sweet dazu.

Ihr selbstbetiteltes Debüt erschien im November des Folgejahres, ihren Durchbruch feierten die mittlerweile in London beheimatete Band aber erst mit ihrem dritten Werk Razamanaz (1973). Die von Deep Purple-Bassist Roger Glover produzierte Platte kletterte in ihrem Heimatland bis auf Platz elf der Albumcharts.



Ihrem größten Albumerfolg prägte Charlton, der schon zu The Shadettes-Zeiten die treibende Kraft beim Schreiben eigener Songs war, nicht nur durch sein ausdrucksstarkes Gitarrenspiel: Für Hair Of The Dog (1975) setzte er sich selbst ans Mischpult — eine Position, die er noch vier weitere Alben lang bei Nazareth ausfüllen sollte und im gleichen Jahr auch beim Soloeinstand von Sänger McCafferty.

Ursprünglich sollte die sechste Scheibe nach der Refrainzeile des Titeltracks Son Of A Bitch heißen, die Plattenfirma intervenierte jedoch. Der Kompromiss ist ein Wortspiel: Aus dem Sohn einer Hündin, so die wortwörtliche Übersetzung, wird der er Erbe des Hundes („heir of the dog“), was das Quartett wiederum zum endgültigen Titel verändert.



Nicht zuletzt durch den großen Erfolg der Everly Brothers-Neuintepretation ›Love Hurts‹ wird Hair Of The Dog zu einem internationalen Erfolg. Auch für Manny Charlton öffnete es Türen: Als Guns N' Roses 1986 ihr Debütalbum Appetite For Destruction einspielen, will Axl Rose explizit wegen des Albums mit ihm arbeiten; Das ultimativ Mike Clink die Platte produziert, liegt an kollidierenden Zeitplänen. Die von Charlton betreuten Sessions erscheinen erst 2018 auf der remasterten Version der Platte.

Nach 22 Jahren und 17 Studioplatten verließ der spanischstämmige Schotte dann 1990 seine Stammband, um sich anderen Projekten zu widmen. So nahm er neun Soloalben sowie drei Platten mit der Manny Charlton Band auf, war kurzzeitig Mitglied der schwedischen Hardrocker From Behind (Game Over, 2006) und produzierte Bands wie die deutschen Hardrock-Punks Jingo De Lunch (Underdog, 1990 und B.Y.E., 1991)

Neue Musik veröffentlichte Charlton zuletzt mit der Band The Fluffy Jackets, deren zweites Album Something For Nothing 2019 erschien. Am 5. Juli verstarb er in Texas. Manny Charlton wurde 80 Jahre alt.


ROCKS PRÄSENTIERT

DAS AKTUELLE HEFT

Cover von ROCKS Nr. 102 (05/2024).