Little Feat

Waiting For Columbus (Super Deluxe Edition)

Rhino
VÖ: 2022

Fulminant in Gänze

Unter den Bands, die der Jam-Rock-Szene der Siebziger zugerechnet werden, sind Little Feat immer etwas Besonderes geblieben. In ihrer Musik genauso wie in ihrer Geschichte, die 1969 begann, nachdem Frank Zappa seinen Gitarristen Lowell George aus den Mothers Of Invention schmiss, weil dessen Song ›Willin’‹ den Genuss von Drogen thematisierte.

Alles, was den typischen Sound von Little Feat später ausmachte, war bereits auf ihrem 1970 erschienenen Debüt angelegt: ein Derivat aus Rhythm’n’Blues, Country und Rock, das zunächst noch stark nach den Stones klang. Auf dem großartigen Sailin’ Shoes (1972) gewann ihr bluesiger Southern-Sound bereits erheblich an Eleganz, ehe sie ab Dixie Chicken (1973) damit begannen, ihre Musik sukzessive mit Jazzrock-Anleihen, West-Coast-Rock und New-Orleans-Funk zu schärfen — und auf der Konzertbühne aufzublühen. Wo die meisten Bands in der Hitze ihrer Konzerte dazu tendieren, ihre Musik ein bisschen schneller und energischer zu spielen als auf Platte, lag das Geheimnis von Little Feat und ihrem unnachahmlichen Cool-Groove immer genau im Gegenteil.

Waiting For Columbus ist das definitive Album-Werk der Band geblieben — ein fulminanter Zusammenschnitt mehrerer Shows in England und Amerika, bei denen 1977 die Bläsergruppe von Tower Of Power als Gäste unterstützten: Bereits die Versionen von ›Spanish Moon‹ und ›Mercenary Territory‹ (mit leichtem Van Morrison-Einschlag) machen das originale Doppelalbum zu einem Gourmetschmaus, den man sich nicht entgehen lassen sollte. Knapp 100 Euro kostet diese neue Super-Deluxe-Edition des Live-Klassikers. Und sie ist jeden Cent wert: Zusätzlich zu dem remasterten Original liegen der Box drei weitere Doppel-CDs bei, die die Shows im Rainbow in London (2. August 1977) und im Lisner Auditorium von Washington DC. (10. August 1977), aus denen Waiting For Columbus im Wesentlichen kompiliert wurde, in Gänze erlebbar machen.

Noch gänzlich ungehört ist der Mitschnitt aus der City Hall in Manchester: Am 29. Juli waren Tower Of Power noch nicht zur Tour gestoßen, hier sind Little Feat pur als Jam-Sextett zu hören — unter anderem mit ›Dixie Chicken‹ in zwölf Minuten Länge und einem ganz wunderbar tuckernden ›Fat Man In The Bathtub‹.

(10/10)
TEXT: DANIEL BÖHM

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