Die Geschichte der Heavy Metal Kids ist auch die eines bis heute währenden Missverständnisses: Mit Schwermetall hat die Band um den extrovertierten Sänger Gary Holton nichts zu tun. Und doch gehören ihre ersten zwei LPs gehören zu den großen Geschenken des Siebziger-Rock.
Neben Holton mischen Gitarrist Mickey Waller, Bassist Ronnie Thomas, Trommler Keith Boyce und der in Argentinien geborene Klavier- und Orgelspieler Danny Peyronel bei der Londoner Combo mit, die 1973 ihren ersten Plattenvertrag erhält.
Ihr gleichnamiges Debüt erscheint 1974 zur rechten Zeit: Längst mussten die Anhänger der Faces mit ansehen, wie Rod Stewart seiner Band sukzessive die Substanz zu Gunsten seiner eigenen Solo-Karriere entzog; Mott The Hoople waren am Ende und auch das von Steve Marriott gesteuerte Energie-Monster Humble Pie hatte seinen Zenit längst überschritten.
Diese neue Band schien das Beste dieser Gruppen in sich aufgesaugt zu haben und nun geräuschvoll in die Gosse zu rotzen. Der kratzbürstige Sänger hatte schon als Teenager Erfahrung in Musicals gesammelt, seine Kraft-Refrains wirken in der Musik der Kids wahre Wunder. Unsterblich ist das von zweistimmigen Gitarrenläufen und laut hämmerndem Honky-Tonk-Klavier angetriebene ›Always Plenty Of Women‹. Oder die mit Bowie-Pathos aufgehübschten Nummern ›It’s The Same Way‹ und ›Kind Woman‹: Gary Holton versteht es, selbst Balladen wie dickklötige Sleaze-Hymnen beben zu lassen.
Da ihr Label den Bandnamen für wenig karriereförderlich hält, erscheint Anvil Chorus 1976 zunächst unter dem Banner The Kids. Gitarrist Mickey Waller wurde vor den Aufnahmen durch den Glasgower Cosmo ersetzt: Ihr Sound wird härter und verliert etwas an Feinsinn — nicht aber an Klasse. Die vielen Konzerte als Vorgruppe von Alice Cooper haben im Sound der Heavy Metal Kids Spuren hinterlassen, nicht nur im Mehr an Dramatik der Inszenierung von Musik und Text.
1976 löst sich die Band auf, ein Jahr später versucht der von Drogen- und Alkoholexzessen stark gebeutelte Sänger mit neuen Musikern einen Neustart. Sparks und Queen gewinnen auf Kitsch (1977) an Einfluss; den Hit ›She’s No Angel‹ macht zehn Jahre später Michael Monroe auf seinem Solo-Debüt zu seinem eigenen.
Das Ende steht hier aber schon lange fest. Bis zu seinem Drogentod 1985 macht Holton als Schauspieler im TV von sich reden.