Deep Purple

Now What?!

EAR Music
VÖ: 2013

Deep Purple produziert von Bob Ezrin, der schon Alice Cooper, Pink Floyd und Kiss betreut hat — kann das gut gehen? Die Antwort ist zweimal ja. Erstens hat Ezrin genau verstanden, worum es der Band geht: Das Feuer ihrer Konzerte im Studio zu reproduzieren und dieses auch festzuhalten, diese schiere Improvisationswut und das einzigartige Zusammenspiel, das in den acht Jahren seit dem letzten Studiowerk noch gereift ist. Zweitens klingt Now What?! besser als jede Deep-Purple-Platte der vergangenen Jahrzehnte.

Hier folgt der Klang der Intention der Musik — und die ist immer noch mächtig und kompakt. Die Grundierung liefern die in der Tat innovativen Riffs, die Gitarre und Hammond-Orgel zu einer dräuenden Einheit formen, und die dennoch Swing und Transparenz haben. Man höre die dampfende, Feuer und Lava spuckende Schweineorgel im Opener ›A Simple Song‹, man höre den erotisierenden Groove von ›Bodyline‹, in dem Sänger Ian Gillan vorführt, wie cool die Stimme eines vermeintlich alten Sacks klingt, wenn er einfach mal ein paar Töne tiefer ansetzt.

In solchen Momenten ist Deep Purple (nicht zum ersten Mal) die beste Jazzcombo des Hardrock. ›Hell To Pay‹ glänzt durch einen unerwartet eingängigen Refrain und könnte genauso gut irgendwann zwischen In Rock und Who Do We Think We Are entstanden sein; zu Beginn des Gitarrensolos macht Steve Morse gar für ein paar Takte den Blackmore. ›Blood From A Stone‹ zieht düstere Kulissen auf, Gillan grummelt finster vor musikalischer Wüstenlandschaft und von fern weht eine Brise Doors-Flair herüber. ›Above And Beyond‹ schließlich ist der progressiv-verschachtelte Tribut an Jon Lord, und mit ›All The Time In The World‹ könnte in einer besseren Welt, in der Radiosender noch Musik spielen, der erste Pop-Hit von Deep Purple werden. Auch wenn Roger Glover (siehe Interview) nichts davon wissen will: Nehmen wir einmal an, Now What?! wäre das letzte Studioalbum der Band: Es wäre ein mehr als würdiges Vermächtnis.

(9.5/10)

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