Joe Louis Walker

25. April 1949 — 30. April 2025

Joe Louis Walker ist tot. Der geschätzte Blues- und Soul-Künstler starb Ende April infolge einer Herzerkrankung. Das Mitglied der Blues Hall of Fame wurde 75 Jahre alt.

TEXT: DANIEL BÖHM |FOTO: Michael Weintrob/Alligator Records

Joe Louis Walker hat sich nichts gemacht aus den Konventionen, die viele seiner Genrekollegen vergleichsweise streng auslegten. Ein Blueser ist der am 25. April 1949 in San Francisco geborene Walker immer gewesen. Sein Drang aber, diese Musik mit bunten Farbtönen auszugestalten, die immer auch mit Soul, Gospel, Jazz und Rock harmonieren, brachte ihm im strengen Lager der Traditionalisten nicht nur Freunde.

Den Blues kennengelernt hatte er über seinen aus Mississippi stammenden Vater, der Howlin‘ Wolf und Sonny Boy Williamson besonders liebte. Seine Mutter führte ihn dann ein in die Welt von B.B. King, in der elektrischer Blues und Gospel ein Doppelleben führten. Schließlich griff er selbst zur Gitarre: Schnell wurde er so gut, dass er zahlreiche Bluesgrößen bei ihren Clubauftritten als Begleitmusiker unterstützen konnte.



Berührungsängste mit der seine Heimatstadt in Beschlag nehmenden Psychedelic-Rock-Szene kannte er keine. Er wuchs unweit des berühmten Fillmore Auditoriums in San Francisco auf, wo er eine neue Welle nicht zuletzt britischer Bands entdeckte, deren revolutionärer und die Stilgrenzen verwischender Umgang mit dem Blues ihn fesselte. Gerne und mit leuchtenden Augen erzählte er etwa bis zuletzt von einem Konzert der Yardbirds, die nach dem plötzichen Ausstieg von Jeff Beck einen jungen Gitarristen dabei hatten, den noch niemand kanntee. »Keiner wusste, wer zum Teufel dieser Typ war. Seine Telecaster war in psychedelischen Farben gedeckt. Mein Gott, wie der spielen konnte! Erst später haben wir herausgefunden: Dieser Bursche war Jimmy Page.«

Fünf Jahre lang teilte sich Joe Louis Walker in jener Zeit eine Wohnung mit Mike Bloomfield, der im vornehmlich weißen Amerika zum gefeierten Gitarrenhelden aufgestiegen war und dessen Spiel zum wichtigen Einfluss wurde.



Drogen brachten Unruhe in sein Leben, das er ab 1975 im Gospel neu zu ordnen begann. Zehn Jahre lang spielte Joe Louis Walker mit den Spiritual Corinthians, ehe er
1986 zum Blues zurückkehrte, den er auf Cold Is The Night als Stilmix aus Soul, Rock, Jazz und Gospel interpretierte, in dessen Mitte er seine satte Slidegitarre mit beißenden Soli aufleben ließ. 

Mit dem bisherigen Werdegang des Mittdreißigers begann sich die Musikbranche erst nach und nach zu befassen — plötzlich galt Joe Louis Walker als wichtiger Newcomer im Bluesrevival der Achtziger, das Stevie Ray Vaughan und nicht zuletzt Robert Cray angestoßen hatten.

2013 wurde Joe Louis Walker in die Blues Hall Of Fame aufgenommen, das Album Everybody Wants A Piece zwei Jahre später für einen Grammy nominiert. Weit über 20 Studioalben hat der singende Gitarrist bis zu seinem Tod veröffentlicht, die sich nahezu alle zu erforschen lohnen. Hellfire (2012) etwa, auf dem sich Walker musikalisch vollmundig, R&B-betont und an der Gitarre auffallend energisch gab. Oder auch das Spätwerk Weight Of The World (2023), das die Bandbreite von Walkers musikalischen Interessen besonders mitreißend und stimmig zusammenbringt.

Joe Louis Walker starb am 30. April 2025 im Kreise seiner Familie. Er wurde 75 Jahre alt.


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