Charly Hübner

...über Motörhead oder warum ich James Last dankbar sein sollte

Kiepenheuer & Witsch
VÖ: 2021

Mit dem Teufel unterwegs zu Lemmy

Hauptberuflich ist Charly Hübner Schauspieler (Polizeiruf 110), Synchronsprecher und Filmemacher; in letzterer Funktion deutete sich schon seine Affinität zu Gitarrenmusik an, als er 2017 den Dokumentarfilm Wildes Herz über die Punkband Feine Sahne Fischfilet realisierte. Nun verneigt sich der 1972 im mecklenburgischen Neustrelitz geborene Künstler in Buchform vor seiner musikalischen Jugendliebe Motörhead.

Strukturell erinnert Charly Hübner über Motörhead an eine lockere Adaption jener Form, die auch Theodor Fontane in seinen Novellen verwendete: In der Rahmenhandlung begegnet der Ich-Erzähler dem in südmecklenburgischer Mundart sprechenden Teufel und begibt sich mit ihm in einer Art Binnenhandlung auf eine Zeitreise zu den Orten seiner Fan-Werdung, zu denen die britischen Rock-Rabauken Erweckungserlebnis, Leitfaden und Soundtrack liefern.

Die (pseudo)-autobiografischen Anekdoten jener Binnenhandlung — der Autor schreibt im Vorwort: »Dies ist ein Traum. Manches fand so statt. Manches so ähnlich. Manches gar nicht.« — beschreiben die Schwierigkeiten und Besonderheiten eines werdenden Hardrockers im letzten Jahrzehnt der DDR und in schönen, filigran gezeichneten Bildern die Faszination, die Hardrock und Heavy Metal im Allgemeinen und Motörhead im Speziellen nicht nur auf den jungen Carsten Hübner hatten, dessen Spitzname sich in jener Zeit etablierte.

Einziger kleiner Schwachpunkt dieses grundsätzlich kurzweiligen Buches, an dessen Ende Lemmy Kilmister höchstpersönlich mit dem Protagonisten Whiskey-Cola trinkt, ist seine schlaglichtartige Erzählweise: Manche der unterhaltsam geschilderten, zuweilen nostalgisch patinierten Geschichtchen aus Jugendzentren und -zimmern hätten ruhig etwas weiterführender beschrieben werden dürfen.

Keine Wertung

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