Mit dem millionenfach verkauften Dreifach-Album All Things Must Pass und dem spektakulären Wohltätigkeitskonzert für Bangladesch war George Harrison als Solokünstler nach dem Ende der Beatles optimal durchgestartet. Auch mit dem 1973 veröffentlichten Living In The Material World blieb der Gitarrist und Sänger auf der Erfolgswelle und verbuchte eine weitere Nummer-1-Platzierung in den Vereinigten Staaten. Gut 50 Jahre später liegt das Album nun in einer neuen Abmischung vor, die für ein insgesamt helleres und transparenteres Klangbild sorgt. Das kommt gleich im Opener, der Hitsingle ›Give Me Love (Give Me Peace On Earth)‹, vor allem Harrisons Gesang und dem ebenso einfallsreichen wie prägnanten Bassspiel von Klaus Voormann zugute.
Insgesamt scheitert das Album an der allerdings auch kaum zu bewältigenden Herausforderung, an das durchgehend hohe Niveau von All Things Must Pass anzuknüpfen. Textlich will Harrison seine erleuchtenden Erfahrungen teilen und widmet sich vor allem religiösen und philosophischen Themen. Dazu lässt er es in Songs wie ›The Light That Has Lighted The World‹ oder ›Who Can See It‹ mitunter arg beschaulich und getragen angehen. Auf der anderen Seite gelingen ihm und seiner Begleitband, die im Kern neben Voormann aus den Keyboardern Gary Wright und Nicky Hopkins sowie Drummer Jim Keltner besteht, griffige Popsongs mit starken Melodien wie ›Don’t Let Me Wait Too Long‹ oder das bissige ›Sue Me, Sue You Blues‹, das als Seitenhieb auf die Rechtsstreitigkeiten im Zuge der Beatles-Auflösung zu verstehen ist. Auch ›The Day The World Gets ‘Round‹ mit seinem opulenten Streicher- und Bläserarrangement weiß zu überzeugen. Harrison selbst glänzt immer wieder durch sein effekt- und geschmackvolles Slide-Gitarrenspiel.
In der Jubiläums-Edition wird das remixte Original-Album durch alternative Versionen aller elf Songs ergänzt. Dabei ragt insbesondere der stimmungsvolle, spartanisch instrumentierte Take der Ballade ›Try Some, Buy Some‹ heraus, ebenso wie die etwas schnellere und kantiger klingende Version des Titelsongs, der ohnehin zu den Highlights des Longplayers zählt. Als Bonus ist auch das launige ›Miss O’Dell‹ enthalten, das einst die B-Seite der Single ›Give Me Love‹ bildete und bei dem sich Harrison an einigen Stellen das Lachen nicht verkneifen kann.
Als exklusives Bonbon für die Super Deluxe Edition fährt das Team um Sohn und Nachlassverwalter Dhani zudem das in dieser Form bislang unveröffentlichte ›Sunshine Life For Me (Sail Away Raymond)‹ auf, das Ringo Starr 1973 für seine Erfolgs-LP Ringo einsang. Der frühere Beatles-Kollege Starr ist auch auf der hier zu hörenden Aufnahme des Country-Folk-Songs mit dabei. Darüber hinaus spielt fast die komplette Besetzung von The Band mit. Neben diesem Track (liegt auch als 7“-Single bei) enthält das liebevoll gestaltete Box-Set eine Blu-ray mit Dolby-Atmos-Mixes, ein 60-seitiges Buch mit Hintergrundinformationen und Bildern sowie ein Booklet mit Notizen aus dem Aufnahmestudio.
Album: 8