Joanne Shaw Taylor

Black And Gold

Journeyman
VÖ: 2025

Alles ist möglich

Unbeirrt geht Joanne Shaw Taylor ihren Weg. Auf diesem hat die 1985 geborene Britin viele Menschen aus der Welt des Blues getroffen, die ihr wichtige Impulse gaben, ihre Musik immer wieder anders auszuleuchten. Studioveteran Jim Gaines etwa half mehrfach dabei, ihren Einfluss von Albert Collins und Stevie Ray Vaughan zu kanalisieren und punktuell mit John Mayers R&B-betontem „Modern-Blues“ zu verknüpfen — in gleichem Maße verstand es die junge Musikerin immer besser, ihre Songs als Schaufenster für die facettenreichen und nicht selten aggressiv-explodierenden Klänge ihrer Telecaster zu nutzen.

Später war es Kevin Shirley, mit dem Taylor den Reiz üppigerer Instrumentierung auslotete, in denen vielfältige Gitarren- und ausschmückende Klavier- und Orgelsounds ebenso unterstützend wirken durften wie stimmungsvolle Soul-Chöre. Vergleichsweise traditionelle Platten wie Reckless Heart oder The Blues Album machten im Kontrast aber auch eines deutlich: Taylors rauchige, warme Stimme funktioniert mit all ihren typischen Phrasierungen und Betonungen im Kontext von klassischen Songformaten mit tragfähigen Melodien am besten. Viele ihrer zuletzt auf Heavy Soul vorgetragenen Liedgeschichten (›All Away From America‹) waren in dieser Hinsicht ein echter Lichtblick.

Als Album aber ist Black & Gold besser. Auch hier ist der zum guten Freund gewordene Joe Bonamassa involviert, dem Taylors Ansinnen, ein vielfarbiges Song-Album auf den Weg zu bringen, stark imponierte. Tatsächlich ist Black & Gold ein melodisch süffiges und in jedem Augenblick mitnehmendes Rock-Album amerikanischer Färbung geworden, das Taylor mit ihrem bislang stärksten und lebendigsten Gesangsvortrag geradezu wachküsst. ›Hold My Heart‹ setzt das Stimmungs-Setting mit rootsigen, jammernden Slide- und Akustikgitarren, ehe das wogende Stück Fahrt aufnimmt, im Hintergrund Roots-Geigen singen und ein erstes energisches Knüller-Solo ertönt: eine infektiöse Nummer, die man sich ähnlich auch von Jeff Healey hätte vorstellen können. Das luftig-leichte ›All The Things I Said‹ dagegen entzückt mit pfiffigen Gitarrenmotiven und ebensolchen Gesangsarrangements und lässt einmal mehr an John Mayer und seine jüngsten Pop- und Blues-Verquirlungen denken. Noch mehr in ›Who’s Gonna Love Me Now‹, das Sob Rock zu einem besseren Album gemacht hätte. Entschlossen rockt ›I Gotta Stop Letting You Let Me Down‹ der Tedeshi Trucks Band entgegen, ehe sich Taylor im Gitarrensolo in Stücke reißt. Was sie auch in ›What Are You Gonna Do Now‹ tut. ›Summer Love‹ dagegen ist ein beschwingter Sommer-Song, bei dem es scheint, als trügen unter der schrammelnd-klampfenden Oberfläche Keith Richards und Ronnie Wood einen endlosen Saiten-Dialog aus. Und dann wäre da auch noch das alles krönende ›Grayer Shade Of Blue‹, in dem Joanne Shaw Taylor ihre gesamten Ambitionen als Songwriterin bündelt und in einem schlicht zauberhaften Lied zusammenlaufen lässt, das an eine Roots-Ausgabe der Pop-Inkarnation von Fleetwood Mac erinnert. Was für ein starkes, abwechslungsreiches und belebendes Album!

(9/10)
TEXT: DANIEL BÖHM

ROCKS PRÄSENTIERT

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Cover von ROCKS Nr. 108 (05/2025).