Robert Cray

That's What I Heard

Nozzle
VÖ: 2020

Auch weiterhin der Maßstab

Robert Cray, der in den Achtzigern als noch verhältnismäßig junger Musiker ganz maßgeblich zur Revitalisierung des Blues beitrug, ist mit seinen 66 Lebensjahren mittlerweile selbst ein anerkannter Altmeister mit dem Gewicht eines Klassikers. Nach dem Durchbruch mit Strong Persuader (1986) hat Cray seinen eleganten Hybriden aus Blues, funkigem R&B und Pop immer weiter verfeinert — bis er nach I Was Warned (1992) dazu überging, seiner Musik sukzessive das Mainstream-Element zu entziehen. Nothin’ But Love (2012) und In My Soul (2014) waren zuletzt Höhepunkte auf diesem Weg, die maßstabsetzende Beispiele dafür abwarfen, wie warmherzig, klassisch und gut Soul-Blues klingen kann.

That’s What I Heard ist das 19. Studio-Album des singenden Gitarristen, auf dem er die authentischen Stax- und Hi-Rhythm-Anlehnungen seiner drei vorangegangenen Veröffentlichungen nicht überstrapaziert — und doch weiterhin mit einem betörenden Raumklang arbeitet, der seine Musik aus der Zeit hebt. Cray hat seinen Sound fürs Alter längst gefunden. Wie konstant-markant sein Kompositionsstil über die Jahre geblieben ist, lässt sich wunderbar an ›Anything You Want‹ nachvollziehen: Angefangen bei der pulsierend-blubbernden Gitarre hat dieser tolle Song alles, was Cray bereits in seiner Durchbruchszeit kultivierte. Vier weitere eigene Lieder hat er auf That’s What I Heard platziert, von denen das verwegen groovende und orgelgrundierte ›This Man‹ heraussticht. Auch wegen seines Textes, der Cray in bemerkenswert einfachen Worten zwischen Ohnmacht, Wut und Appell mit dem Präsidenten seines Landes abrechnen lässt, ohne ihn ein einziges Mal beim Namen zu nennen. Und so schaukelt sich ›This Man‹ mit seinem immer stärker werdenden Groove fast zu einem Gospel- und Protestsong hoch, den man nur zu gerne als Duett mit Mavis Staples hören möchte. Dass Cray wegen dieses Liedes in den USA bereits im Vorfeld der Veröffentlichung massiv angefeindet wird, ist eine traurige Randnotiz.

Die sieben übrigen Stücke auf That’s What I Heard sind Coverversionen und Adaptionen: ›Burying Ground‹ ist ein Gospel-Traditional, das Cray in der Fassung der Sensational Nightingales besonders liebt. ›You’re The One‹ wurde durch Bobby „Blue“ Bland bekannt, ›Do It‹ durch Soul-Mann Billy Sha-Rae und ›You’ll Want Me Back‹ durch Major Lance — geschrieben wurde die Nummer einst von Curtis Mayfield. In Steve Perry ist zudem ein ganz besonderer Gast im Fabulous Thunderbirds-Evergreen ›Promises You Can’t Keep‹ mit von der Partie: Der einstige Journey-Sänger war im Studio nebenan gerade mit eigenen Aufnahmen beschäftigt und ließ sich nicht zweimal bitten. Im Soul-Blues setzt Robert Cray auch weiterhin den Maßstab.

(9/10)
TEXT: DANIEL BÖHM

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